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Davos 2018: Drei bescheidene Anregungen

Wie können unsere Eliten auf dem Berggipfel eine „gemeinsame Zukunft in einer zerrütteten Welt“ schaffen?

Die Energien, die auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) freigesetzt werden, sind beindruckend – genauso wie der Ausblick der Davoser Berge. 3.000 hochrangige Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nehmen an über 300 Sitzungen in fünf Tagen teil, um die drängendsten Probleme, aber auch die größten Chancen unserer Zeit zu diskutieren. Aufgrund der elitären und privilegierten Atmosphäre die an einen Alpenausflug mit Champagner-Empfängen erinnert, wird die Versammlung von Nicht-Teilnehmern leicht als wenig produktives Unterfangen abgetan. Insider in Davos betrachten solche Kommentare dagegen als „Neid“, wie mir ein Teilnehmer am Wochenende sagte.

Die Fachzeitschriften der Kommunikationsbranche haben bereits Vorberichterstattungen zu Davos 2018 veröffentlicht. Der Holmes Report publizierte einen Leitartikel, während PRWeek eine Packliste sowie eine Argumentation für die Anwesenheit der Agenturleitung veröffentlichte. Was ich besonders interessant finde, ist die Ausrichtung der diesjährigen Veröffentlichungen. Sie haben den Fokus einer allgemeinen Berichterstattung auf das verlagert, was Marketing- und PR-Agenturen in Davos tatsächlich tun. Dabei nimmt das Ganze schon fast Cannes-ähnliche Töne an. Dies schadet meiner Meinung nach unserer Branche, da über Agenturen, anstatt über die Neuigkeiten des Forums berichtet wird.

PR-Agenturen und Firmen für Markenerlebnisse (mehr noch als Digital- und Werbeagenturen) haben Davos schon immer als Umsatzquelle im Januar betrachtet: Welcher unserer Kunden sollte vor Ort sein? Wie können wir die Teilnahme ermöglichen und davon profitieren? Doch mit der zunehmenden Präsenz von Agenturleitungen, ist der Besuch des WEF zu mehr als einer Geschäftsreise geworden, mit dem Ziel Neukundengeschäft zu generieren. PR- und Kommunikationsleiter – sowohl innerhalb von Unternehmen als auch von Agenturen – werden hier angetrieben, ein „unternehmerisches Gewissen“ und eine „verantwortungsbewusstes Unternehmensführung“ zu entwickeln. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, informiert und bildet Davos PR- und Kommunikationsentscheider über die dringlichsten Agendapunkte der Welt weiter.

Es gibt hier jedoch ein grundsätzliches Problem. Davos selbst und die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer konzentrieren sich mehr auf das Reden, als zu handeln. Dabei stehen folgende Fragen im Fokus: Wie hoch sind die Einnahmen, die Agenturen jedes Jahr von Kunden für die Unterstützung in Davos erzielen? Wie viel Budget stecken Marken in die Teilnahme ihrer Führungskräfte? Wie nachhaltig sind sowohl die Inhalte als auch das Ziel von Davos „einheitliche Agenden“ zu erzielen? Wie realistisch ist der Appell des WEF: „Eine gemeinsame Zukunft in einer zerrütteten Welt zu schaffen“?

Wenn es unsere Rolle als PR- und Kommunikationsverantwortliche ist, Verhalten zu beeinflussen und einen Blickwinkel für Unternehmensverantwortung zu bieten, schlage vor, dass wir zusammenkommen, um den Wandel an seinem Ursprung voranzutreiben.

Meine bescheidenen Anregungen:

1. Ergreifen Sie Maßnahmen
Der Meinungsaustausch in Davos hat einen enormen (wenn auch in gewissen Kreisen fragwürdigen) Wert. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn eine Teilnahme am WEF an gewisse Bedingungen geknüpft ist. Warum sollte nicht jeder, der für keine NGO arbeitet (einschließlich Journalisten) eine Woche pro Jahr mitanpacken, um in einem der Kernbereiche des WEF Veränderungen aktiv voranzutreiben. Anstatt sich auf Geschichten aus zweiter Hand zu stützen, könnte die privilegierte Elite persönliche Erfahrungen zu Themen, wie Hunger, Zugang zur Gesundheitsversorgung, Energiesicherheit, Klimawandel und Cyberbedrohungen austauschen. Präsentieren Sie keine sorgfältig ausgearbeiteten Erzählungen und raffiniert produzierte emotionale Videos. Werden Sie aktiv, ergreifen Sie Maßnahmen und berichten Sie darüber.

2. Aktivieren Sie mit Ihrer Kommunikation
Wir sollten aufhören, unsere Kunden und/oder unsere Unternehmen zu ermutigen, die Teilnahme in Davos durch Medieninterviews, Owned-Media- sowie Paid-Media-Aktivierungen aufzublasen. Setzen Sie nicht Ihr PR- und Kommunikationsbudgets dafür ein, die Teilnahme an Diskussionsrunden zu promoten, um sich als Thought Leader zu positionieren. Ihre Kommunikation sollte sich stattdessen darauf fokussieren, den Meinungsaustausch, der etwas bewirkt, zu fördern sowie ein nachhaltiges Engagement zu unterstützen. Vergessen Sie es, die Führungskräfte „gut aussehen zu lassen“ und setzen Sie sich dafür ein, das Ziel von Davos und die guten Vorsätze der Teilnehmer zu erfüllen.

3. Setzen Sie mutige, messbare Ziele
Es wird noch viele Vor- und Nachberichterstattungen zu Davos geben – viele werden darüber berichten „was besprochen wird“ und darüber, „was besprochen wurde“ und einiges, über das „was wir gelernt haben“. Artikel über das „was wir tun werden“, „wie wir es tun werden“ und „wie wir es messen werden“ bleiben allerdings aus. Es liegt daher an uns, anspruchsvolle und messbare Ziele zu setzen. Wir, die PR-Profis und Kommunikatoren, müssen damit beginnen, ein bindendes Rahmenwerk für dieses jährliche Treffen der Eliten zu schaffen. Führungskräfte und Politiker überprüfen die Zielvorgaben ihrer Mitarbeiter. In diesem Maße sollten auch wir Delegierten und dem WEF Vorgaben in Bezug auf Zeit und Aufwand stecken, für die sie sich verantworten müssen, um eine „gemeinsame Zukunft für eine zerrüttete Welt zu schaffen“.

Der Artikel wurde auch im Holmes Report veröffentlicht.

Januar 24, 2018